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Prof. Dr. Jürgen Steinacker: "Der Spitzensport geht mit Corona äußerst verantwortungsvoll um"

01. Oktober 2020 | Kategorie: FCH News

Prof. Dr. Jürgen Steinacker, Leiter der Sportmedizin Ulm, spricht über die Zusammenarbeit mit dem FCH und die Corona-Pandemie. Zudem erklärt er, was es mit den sportärztlichen Untersuchungen und der Leistungsdiagnostik auf sich hat.

Herr Professor Dr. Steinacker, die Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums Ulm ist schon seit vielen Jahren Partner des 1. FC Heidenheim 1846 in puncto sportwissenschaftlicher Betreuung. Wie lange besteht diese Partnerschaft nun mittlerweile schon?

Die Anfänge unserer Zusammenarbeit gehen auf Oberliga-Zeiten des FCH im Jahr 2005 zurück, als Frank Schmidt noch als Kapitän selbst mit auf dem Platz stand. Zu diesem Zeitpunkt haben wir im Zuge der Sommervorbereitung erstmals die sportärztlichen Untersuchungen aller Spieler sowie die anschließende Leistungsdiagnostik der Mannschaft durchgeführt. Dabei haben die Spieler ihre Laufrunden noch auf der Tartanbahn des damaligen Albstadions absolviert. Wir sind also in der Tat schon seit ein paar Jahren mit dabei (schmunzelt).

Was genau wird bei den sportärztlichen Untersuchungen und der Leistungsdiagnostik durch Ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter untersucht?

Bei den sportärztlichen Untersuchungen wird die generelle Leistungsfähigkeit der Spieler festgestellt. Dabei werden unter anderem das Blut und die Lungenfunktion der Spieler untersucht, zudem gibt es einen Ultraschallcheck am Herzen sowie eine orthopädische Untersuchung und ein Belastungs-EKG. Auch das Gewicht, die Größe und der Körperfettanteil der FCH Profis werden gemessen. Wir sind mit unserem Team der Sportmedizin Ulm darauf spezialisiert, innerhalb weniger Stunden eine komplexe Leistungsphysiologie durchzuführen. Dadurch ermöglichen wir, dass alle FCH Profis zu Saisonbeginn aus gesundheitlicher Sicht auch wirklich einsatzbereit sind. Die Leistungsdiagnostik wird meist ebenfalls gleich zum Start der Vorbereitung durch einen Laktattest absolviert. Die Blutwerte geben dabei Aufschluss darüber, in welcher körperlichen Verfassung sich die Spieler zu diesem Zeitpunkt befinden.

Ihre sportwissenschaftliche Betreuung beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich darauf …

Nein, bei Bedarf unterstützen wir die sehr gut aufgestellte medizinische Abteilung des FCH beim Aufbautraining für FCH Profis, die langfristig verletzt ausfallen. Darüber hinaus führen wir auch im HARTMANN Nachwuchs-Leistungszentrum die sportärztlichen Untersuchungen aller Jugendspieler ab der U12 durch.

Als ärztlicher Leiter der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums Ulm sind Sie im Spitzensport bestens vernetzt. Wie geht aus Ihrer Sicht der Spitzensport allgemein mit den außergewöhnlichen Rahmenbedingungen, bedingt durch Corona, um?

Durch meine frühere Tätigkeit als Teamarzt der deutschen Ruderer, leite ich im Weltruderverband FISA die Kommission Sportmedizin. In Zusammenarbeit mit allen globalen Sportverbänden bereiten wir uns derzeit auf Olympia 2021 in Zeiten der Corona-Pandemie vor. Natürlich hat die Pandemie zunächst einmal alle Menschen, und natürlich auch die Entscheidungsträger in der Politik, ein Stück weit verunsichert. Wir sind jetzt aber im Umgang mit dem Corona-Virus medizinisch viel weiter als noch im Frühjahr. Infektionsherde sind deutlich besser eingrenzbar, weshalb das Risiko gerade im Sport sehr beherrschbar geworden ist. Aus meiner Sicht ist der Spitzensport durch seine Hygienekonzepte bislang sehr verantwortungsvoll mit dieser Situation umgegangen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass auch die Sport-Fans wieder mehr und mehr an den Wettkämpfen teilhaben können. Das betrifft insbesondere auch den Fußball als Flaggschiff des Spitzensports.

Wie bewerten Sie die Teilzulassung von Zuschauern in die Stadien? In die Voith-Arena dürfen aktuell ja nur bis zu 20 Prozent des Fassungsvermögens, was insgesamt 3.000 Zuschauern entspricht.

Ich habe dazu eine klare Meinung: Der Mund-Nasen-Schutz, auch wenn ihn manche Menschen als lästig empfinden, bietet uns allen einen großen Schutz. Wenn dieser, wie das in der Voith-Arena beim letzten Heimspiel gegen Braunschweig der Fall war, von den Stadionbesuchern gewissenhaft getragen wird und dazu die allgemeinen Hygieneregeln befolgt werden, können wir in Zukunft auch wieder mehr Zuschauer zu Fußballspielen zulassen. Sich mit fremden Menschen jubelnd nach Toren in den Armen liegen, das geht momentan eben leider nicht. Wenn wir alle aber, Sportler genauso wie Sportfans, in den kommenden Wochen und Monaten gemeinsam die nächsten Schritte in dieser Pandemie machen, wird auch das hoffentlich wieder irgendwann möglich sein – da bin ich guter Dinge!

Marc Schnatterer & Co. beim Laktattest in der Sommervorbereitung 2020.