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„Ich wurde nie von einem Scout entdeckt“

03. August 2019 | Kategorie: FCH News, Fan News

Bevor Neuzugang Oliver Hüsing im Sommer aus Rostock nach Heidenheim kam, führte ihn seine Karriere bereits an viele spannende Orte. Eine Station in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn war Budapest.

Einen Kulturschock hat Oliver Hüsing nach seinem Wechsel von Hansa Rostock zum 1. FC Heidenheim 1846 in diesem Sommer nicht erlebt, auch wenn der 26-Jährige festhält: „Das Leben in Heidenheim ist natürlich anders als oben an der Ostsee, aber hier gibt es hübsche Ecken und eine wunderschöne Natur. Und auch kulinarisch hat der Süden einiges zu bieten.“

Überzeugt wurde „Hüse“ bei seinem Schritt von der See an die Brenz vor allem von FCH Cheftrainer Frank Schmidt und dem Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald und „ihrer Art, die Dinge anzusprechen“, so Hüsing, der ergänzt: „Wenn man die letzten Jahre nach Heidenheim geschaut hat, hat man eine stetige Entwicklung nach oben gesehen, von der ich gern Teil werden wollte.“ Mittlerweile ist der Sommerneuzugang beim FCH angekommen: In den letzten beiden Testspielen vor dem Zweitligastart gegen den Linzer ASK und den FC Middlesbrough erzielte der torgefährliche Innenverteidiger je einen Kopfballtreffer. Beim Saisonauftakt gegen den VfL Osnabrück am vergangenen Wochenende stand unsere neue Nummer 5 in der Nachspielzeit erstmals in einem Pflichtspiel auf dem Platz.

Dabei sah es in Hüsings Kindheit zunächst nicht unbedingt so aus, als würde er Fußballprofi werden. Sprichwörtlich großgeworden (1,93 Meter) ist er auf einem Bauernhof im niedersächsischen Bühren. Seinem Vater folgend wollte er zunächst Landwirt werden, später Tierarzt. „Natürlich hatten wir auf dem Bauernhof aber auch viel Platz, um alle möglichen Scheiben mit dem Fußball kaputtzuschießen“, erinnert er sich lachend zurück. Mit fünf Jahren begann Olli seine Karriere nach einigen kaputten Scheiben dann bei seinem Jugendverein BV Bühren, in dem bereits sein Vater und sein größerer Bruder spielten.

Ein Fußballtraining zu Weihnachten

Als Elfjähriger ging es für den Fan von Werder Bremen dann weiter zu seinem Herzensclub. „Ich wurde aber nie von einem Scout entdeckt, das war eine viel kuriosere Geschichte“, verrät er. Auf seinem weihnachtlichen Wunschzettel stand der Wunsch, einmal mit den Profis von Werder mittrainieren zu dürfen. Also schrieb Hüsings große Schwester kurzerhand einen Brief an den Bundesligisten, mit der Bitte, ihren kleinen Bruder noch ins Training der Profis einzuladen. Dafür gab es von Werder zwar eine Absage, jedoch wurde der kleine Olli ins Jugendtraining des Bundesligisten mit Gleichaltrigen eingeladen. „Das hab‘ ich dann wohl ganz gut gemacht, sodass sie mich gleich haben wollten“, sagt er.

Seither ging alles seinen Weg in der Fußballerlaufbahn von Oliver Hüsing. Im Alter von 19 Jahren erhielt er bei Werder unter Trainer Robin Dutt seinen ersten Profivertrag. Nach Einsätzen in der 2. Mannschaft der Werderaner wurde er 2015 dann jedoch für ein halbes Jahr an Hansa Rostock ausgeliehen und kam so zu seinem ersten Gastspiel bei der „Kogge“.

Nach Hüsings Rückkehr 2015 nach Bremen folgte sein Bundesligadebüt unter Viktor Skripnik, doch durchsetzen konnte sich der Defensivspieler im Profiteam nicht. „Nach 13 Jahren bei Werder wollte ich dann einfach mal ganz raus und etwas komplett anderes sehen“, sagt er. Hüsings Wahl erscheint dabei durchaus ungewöhnlich: Er wechselte nach Ungarn zu Ferencváros Budapest – auch, weil der damalige Trainer Thomas Doll den talentierten Innenverteidiger unbedingt haben wollte. Gekrönt wurde Hüses Aufenthalt in der ungarischen Hauptstadt mit dem Titel des Pokalsiegers. „Das Jahr im Ausland hat mir zudem auch sehr geholfen, mich als Mensch weiterzuentwickeln. Es ist etwas komplett Neues, eine Sprache nicht zu beherrschen oder nicht zu verstehen, über welche Witze die Teamkollegen lachen“, erklärt er.

Robin Dutt machte Oliver Hüsing zu gemeinsamen Werder-Zeiten zum Bundesligaprofi.

BWL-Studium und Arbeit im Seniorenheim

Auch abseits seiner Profikarriere blickt Hüsing gern über den Tellerrand hinaus. Während seiner zweiten Station in Rostock hat er regelmäßig ehrenamtlich in einem Seniorenzentrum ausgeholfen, Ende 2018 hat er seinen Bachelor in BWL gemacht. Als „ungewöhnlichen Fußballer“ will er sich aber trotzdem nicht verstanden wissen. „Ich versuche einfach mit offenen Augen durchs Leben zu laufen und den Menschen, denen ich begegne, den größtmöglichen Respekt entgegenzubringen. Ich habe einfach Spaß daran, meinen Horizont zu erweitern“, sagt er.

Spaß hat Hüsing aber natürlich auch am Fußball, seiner „absoluten Leidenschaft“. Nach dem Auslandsjahr in Ungarn entschied sich der damals 24-Jährige, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Diesmal ging es wieder zu Hansa Rostock, aber nicht mehr als Leihspieler. Zum Drittligisten, wo er zum Kapitän avancierte, baute er eine besondere Beziehung auf, auch zu den Fans. „Ganz Mecklenburg-Vorpommern liebt diesen Verein, das spürt man überall. Mein Abschied in diesem Frühjahr im Ostseestadion zählt neben meinem Bundesligadebüt für Bremen und dem Heimspieldebüt im Weserstadion definitiv zu den bisher emotionalsten Momenten meiner Karriere“, sagt der Bührener.

Eine ähnlich erfolgreiche und emotionale Bindung wie zu Hansa Rostock und seinen Fans will Hüsing im Idealfall nun auch in Heidenheim aufbauen, der Anfang ist gemacht. Stark emotional verbunden ist er übrigens auch mit Wolfgang Petry, wie Hüsing schmunzelnd verrät: „Ich habe eine DVD von Wolle Petrys Konzert 1999 in Essen. Da live vor Ort mit dabei gewesen zu sein, das wär‘s!“ Beim letzten Live-Konzert des Schlagersängers mit dabei gewesen zu sein, dafür würde Hüsing fast sogar seine Karriere als Fußballprofi eintauschen. Aber eben nur fast, Fußball ist und bleibt eben doch Hüses größte Leidenschaft!

Oliver Hüsing als Kapitän von Hansa Rostock: "Ganz Mecklenburg-Vorprommern liebt diesen Verein."